1875 – 1997, das ist die Lebenszeit von der nachweislich ältesten Frau jüngerer Zeit, von Jeanne Calment aus Frankreich. 44 724 Tage oder mehr als 122 Jahre hat sie gelebt. Mit 100 Jahren ist sie noch Rad gefahren. Nach ihrer Aussage hat sie nichts besonderes getan, um so alt zu werden. Also sind es doch die Gene?
Die Altersforschung sagt, dass die Gene nur etwa 1/5 ausmachen, wenn jemand alt wird. Es gibt klarerweise langlebige Familien. Auf der anderen Seite häufen sich in manchen Familien einfach bestimmte Krankheiten. Mit den Mühen des Alterns und des Alters an sich hat die Menschheit schon immer gekämpft.
Mittlerweile ist aber die Anti-Aging-Welle, der Kult um ewige Jugend, schon fast zur Ersatzreligion geworden. Das Geschäft mit Antifaltenmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und speziellen Sportgeräten gegen das Altern boomt. Die meisten Menschen wünschen sich ein langes Leben in alter Frische und einem gesunden, fitten Körper. Mediziner und Genforscher sollen Tür und Tore aufmachen. Dabei wird fast vergessen, dass es in den Händen jedes Einzelnen liegt, wenigstens bis zu einem gewissen Grad, wie mal altert und wie man seine letzten Jahre zubringt.
Nicht jeder Mensch ist glücklich darüber, zu altern. Aber es ist ein Kampf auf verlorenem Posten, sich dagegen zu sträuben. Altern ist ein unausweichlicher Bestandteil unseres Lebens. Er beginnt genau genommen bereits bei der Zeugung und geht auf zellulärer Ebene vor sich. Unsere Körperzellen teilen sich ja ununterbrochen. Und dabei passieren laufend Fehler. Auch die freien Radikale, die bei Prozessen im eigenen Körper und durch Umwelteinflüsse entstehen, schädigen unsere Zellen. Zum Glück hat unser Schöpfer auch ein Reparatursystem mitgeliefert. Aber auch dieses arbeitet immer schlechter, wie öfters sich die Zellen teilen müssen. Fehler in den Genen häufen sich an. Der Alterungsprozess schreitet fort. Wir kennen die Folgen: Schlechteres Gedächtnis, langsamere Verdauung, schlechteres Enzymsystem, Gleichgewichtsstörungen, steife Gelenke, unsicherer Gang und vieles mehr.
Kampf auf verlorenem Posten?
Ist er wirklich verloren, der Kampf? Schlussendlich ja, es ist ja auch ein großer Segen, dass wir nicht ewig leben müssen. Aber wie wir altern und wie wir diesem Prozess gegenüberstehen, liegt zu einem großen Teil in unseren eigenen Händen. Auch dann wenn es nicht so läuft, wie wir es gerne hätten und Krankheiten dazu kommen. Gegen die rund 70 000 DNA-Schäden pro Tag, die unser Reparatursystem eliminieren muss, kommen wir kaum an. Das ist es ein verlorener Kampf. Auch unser Enzymsystem gegen die freien Radikale siegt nicht auf allen Linien und auch unsere Stammzellen können nicht alles reparieren.
Können wir dann besser und länger leben durch Hilfe aus dem Labor? Sind es die Nahrungsergänzungsmittel? Spermidin? Das Gläschen Rotwein? Oder Dinner Cancelling? Es kommen immer neue Erfolgsmeldungen. Aber Vorsicht: Das Resveratrol aus dem Rotwein schützt auch Krebszellen, Nahrungsergänzungsmittel ernähren auch unerwünschte Mitesser. Nützt denn alles nichts?
Anti Aging-Mittel
Die Werbung vieler Wundermittel verspricht uns beinahe ewige Jugend. Viele Menschen sind auch zu bequem oder glauben, keine Zeit zu haben, etwas für die Gesundheit zu tun und wollen es auf die schnelle Art erledigen. Anti-Aging-Mittel dienen nicht dazu Krankheiten zu heilen, sondern sie sollen Altersbeschwerden lindern, Sinnesorgane wieder auf die Sprünge helfen, Falten verschwinden lassen. Der Verein für Konsumenteninformation in verschiedenen Ländern hat solche Präparate untersucht und ihnen kein gutes Zeugnis ausgestellt. Für keines der Produkte fand man Studien, die die lebensverlängernden Wirkstoffe bestätigten. Je euphorischer die Werbung ist, desto skeptische sollte man sein. Viele Substanzen, die man bei Laborieren getestet hat, sind nicht einfach auf den Menschen übertragbar. Nebenwirkungen sind bei vielen Präparaten nicht ausgeschlossen. Auch ein Zuviel z.B. an Vitaminen oder Mineralstoffen kann schädlich sein. Das Collagen in vielen Antifaltenmitteln wiederum kann Allergien auslösen. Viele Präparate werden über das Internet vertrieben, zusammen mit vielversprechenden Erfahrungsberichten. Laut Konsumentenschützern kann man mit solchen Präparaten weder körperliche Fitness, noch geringere Anfälligkeit gegen Krankheiten, noch organische Verbesserungen erreichen. Also wieder ein verlorener Kampf?
Insel der 100-Jährigen
Auf Okinawa werden 50% der Menschen hundert Jahre alt. Davon sind 90% Frauen. Man hat tatsächlich einige Gene gefunden, die dabei mithelfen. Man hat aber auch erstaunliches in ihrem Lebenswandel gefunden. So ernähren sich diese Frauen vor allem mit Obst und Gemüse. Sie arbeiten noch selber im Garten, sitzen noch als Hundertjährige hinter eine Kasse im Supermarkt oder wischen die Böden auf. Das sind äußerst gesunde Beschäftigungen. Sie sagen auch: „Wir essen nur soviel, dass wir noch etwas essen könnten um satt zu sein.“ „Hara Hachi Bu“ heißt das dort, bei uns Dinner Cancelling, hin und wieder auf das Abendessen verzichten. Die Frauen führen auch ein vorbildliches soziales Leben. Sie achten genau auf einander. Sind die Jalousien bei der Nachbarin um neun Uhr noch unten, wird nachgeschaut, wie es ihr geht. Dann macht man einen Schwatz mit ihr und hilft ihr wenn nötig. Auch das Gehirn wird laufend trainiert. Man nimmt an allem und an jedem Anteil.
Lieben
Eine australische Studie zeigt, dass Menschen, die Freundschaften intensiv pflegen, länger leben und angenehmer altern. Lieben heißt nicht nur Sex haben. Aber selbst der hilft beim Älterwerden. Lieben heißt einfach für den anderen da zu sein, sich um ihn zu sorgen. Das lenkt viel von den eigenen Wehwehchen ab, lässt glücklicher und zufriedener sein.
Laufen
Mit Laufen ist nicht joggen gemeint, sondern einfach Bewegung machen, gezielte Bewegung und nicht nur Haus- und Gartenarbeit. Joggen im Alter könnte Gelenke schädigen. Aber tägliche Bewegung, Spaziergänge, leichte Gymnastik hilft unserem Immunsystem mit Entzündungen fertig zu werden. Und genau auf solche Entzündungen gehen viele Altersbeschwerden wie Rheuma und ähnliches zurück. Wir können ihnen im wahrsten Sinne des Wortes davonlaufen. Bewegung senkt die Konzentration an entzündungsfördernden Stoffen im Blut.
Lernen
Lebenslanges Lernen ist ein Schlagwort unserer Zeit geworden. Unsere Jugend wächst damit auf. Früher hatte man einen Beruf für sein Leben. Heute ist man dauernd gefordert, Neues zu lernen. Das sollte auch jenseits der Berufszeit weitergehen. Wer geistig und geistlich fit bleibt, altert ganz anders als jemand, der sich für nichts mehr interessiert. Ich bewundere jeden alten Menschen, der -oft mit Hilfe der Enkel- sich am Computer auskennt und mit den Enkeln in Amerika über Internet oder Skype in Kontakt steht. Auch Kreuzworträtsel und Sudoko, gute Bücher lesen, Puzzles zusammenstellen, helfen, geistig fit zu bleiben. Es sind nicht die Fernsehbilder, die unseren Geist anregen, sondern das selbst erarbeitete Wissen. Wenn ich mich selbst mit einem Problem auseinandersetze, das regt meinen Geist an.
Wer körperlich und geistig fit bleibt, geht mit dem Altern ganz anders um. Er kann es akzeptieren und damit glücklich werden. Die Erfolge der Grundlagenforschung und der Medizin sind wohl aufsehenerregend. Aber sie geben bisher nur Anlass zu Spekulationen. Wie wir alt werden, liegt immer noch in unseren eigenen Händen.
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