Fast so alt wie die Menschheit ist der Wunsch, durch die Einnahme psychotroper Stoffe etwas im Leben zu verändern. Schamanen versuchen sich durch die Einnahme von berauschenden Kräutern oder Pilzen in einen besonderen Zustand zu versetzen. Menschen, die ihre Umgebung oder ihre Lebenssituation nicht mehr aushalten, versuchen durch Konsumieren legaler oder illegaler Drogen ihre Situation zu vergessen. So alt wie das Problem, ist auch der Versuch der Gesellschaft, den Konsum zu regeln oder zu verbieten. Was ist Sucht, Abhängigkeit? Wer ist gefährdet? Wo ist der Ausweg?
Warum der eine abhängig oder süchtig wird und der andere nicht, darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Es fehlt bis jetzt eine überzeugende Suchttheorie. Aber die neurobiologische Forschung hat körpereigene Morphine gefunden, deren Anwesenheit biochemische Prozesse auslösen können, die Einfluss auf Suchtentwicklung nehmen können. Es gibt auch viele chemische Verbindungen, die einfach im Labor hergestellt werden können, die die gleiche Wirkungen ausüben. Sie stellen den Stoffwechsel um und verändern die Gefühle. Sie gehören zu den sogenannten Psychopharmaka und sind eigentlich Medikamente oder legale und illegale Drogen.
Der Mensch möchte geniessen. Dazu hat er auch das Recht. Es ist Gott gewollt, dass wir uns freuen dürfen, dass wir geniessen können. Es gibt einen ganz bestimmten Hirnbereich, in dem Lustgefühle entstehen. Solche Gefühle können durch Elternliebe, Sex, Lieblingsbeschäftigungen aber auch einfach durch Essen und Trinken hervorgerufen werden. Suchtstoffe aktivieren ebenfalls diesen Teil des Gehirns.
Was ist Sucht oder Abhängigkeit?
Wer auf die positive Wirkung einer Tätigkeit oder einer Droge nicht mehr verzichten will oder kann ist abhängig oder süchtig. Der Genuss ist ihm dann mehr wert als die Gesundheit, seine Beziehungen und sogar sein Leben. Übermächtig ist der Wunsch nach dem Rausch, nach Vergessen, nach Abheben, sich verlieren und nach raus aus dem Alltag. Wer abhängig ist, ist nicht mehr frei. Er hat keine Wahl mehr und wird vom Drang beherrscht, bestimmte Gefühle und Stimmungen herbei zu führen oder zu vermeiden.
Abhängigkeit und Sucht haben fast die gleiche Bedeutung. Die Abhängigkeit beschreibt eher die medizinische, die Sucht eher die seelische, soziale Seite. Die WHO spricht nur noch von Abhängigkeit.
Wer wird abhängig?
Ein starker Auslöser ist sicher die Neugier und die Risikobereitschaft. Dann kommt es darauf an, welche Erfahrung man bei der ersten Einnahme gemacht hat. Schämt man sich nach dem ersten Rausch, oder fühlt man sich nun endlich dazugehörig zur Klicke? Ist es einem nach dem ersten Zug beim Rauchen kotzübel geworden, oder hat man sich entspannt gefühlt? Wird man aufgefordert, es noch einmal zu probieren, wird man gehänselt?
Suchtforscher sprechen von einer sozialen Vererbung. Kinder und Jugendliche werden demnach in ihrem Verhalten wesentlich geprägt. Das kann eine krankmachende Familiendynamik sein, unbefriedigte Beziehungen, Leistungsdruck, Orientierungslosigkeit, unbefriedigte Sehnsüchte, Ausgegrenztheit, menschenunwürdige Wohnverhältnisse, nicht zufriedenstellende Freizeitbeschäftigung. Werbung und Modeerscheinungen können genauso Auslöser sein wie unverantwortliche Verschreibungen von Medikamenten mit Suchtpotential.
Unter Abhängigen finden sich auch viele sensible Menschen, phantasievolle, kreative, verletzliche. Wir kennen viele abhängige Künstler. Menschen mit ungelösten Problemen neigen dazu, psychotrope Drogen einzunehmen, um die Leistungsfähigkeit und das Befinden zu verbessern. Die wichtigste Wirkung ist dabei die Euphorisierung, die Druck (scheinbar) besser ertragen lässt.
Ein wichtiger Faktor für die Abhängigkeit ist auch die Zugänglichkeit. Ohne Drogen keine Sucht. Die Dosis, die Art der Einnahme, die Gewöhnung und die Toleranzentwicklung spielen wichtige Rollen.
Phasen und Verlauf der Abhängigkeit
Die Abhängigkeit fällt nicht vom Himmel. Niemand wird plötzlich süchtig. Es ist ein schleichender Prozess. Meist beginnt es mit einer positiven Erfahrung oder Wirkung der Droge. Der Betroffene meint, er habe alles im Griff. Er kann ja jederzeit wieder aufhören. Dazu gehören leider die wenigsten Konsumenten. Viel eher kommt es schnell zu einem Kontrollverlust. Man gewöhnt sich an das Suchtverhalten. Es kommt zu einem ausweichenden Verhalten gegenüber der Umwelt. Dann kommt die chronische Phase wo man nicht mehr aussteigen kann und auch nicht will. Zuletzt will man den Ausstieg, kann aber nicht mehr, zumindest nicht mehr alleine.
Arten der Abhängigkeit
Wir kennen stoffgebundene Suchtformen. Dabei haben wir es mit legalen Stoffen wie Alkohol, Nikotin, Koffein, Medikamenten, chemischen Drogen, natürlichen Drogen, Schnüffelstoffen zu tun; oder mit illegalen wie Cannabis, Kokain, Ecstasy, LSD, Heroin und vielen anderen. Wobei die Zahl der Abhängigen von legalen Drogen wesentlich größer ist, als die der illegalen. Aber beide machen physisch und psychisch abhängig.
Zu den nicht stoffgebundenen Abhängigkeiten kommt es durch jedes exzessive, ohne Maß betriebene Verhalten: Glücksspiele, Internet, Fernsehen, Arbeit, Kaufen, Ess-Brechsucht, Laufsucht, Spielsucht und vieles mehr.
Hilfe bei Abhängigkeiten
Wer abhängig ist, steckt in einem Teufelskreis und braucht Hilfe. Aber man kann einen Abhängigen nicht gegen seinen Willen befreien. Jeder Versuch, ihm zu helfen, wird so lange fehlschlagen, bis er selber bereit ist, frei zu werden. Man kann ihm allerdings Impulse geben. Die Befreiung ist dann wieder genauso ein Prozess wie die Entstehung der Abhängigkeit und kein plötzliches Ereignis. Oft muss das ganze Leben daran gearbeitet werden. Bekannt dafür sind die Anonymen Alkoholiker. Ihr Programm ist auch ein geistliches Programm, das die ganze Familie mit einschließt. Dabei geht es auch um geistliches Wachstum.
Selbsthilfegruppen sind sehr gute Einrichtungen. Man unterstützt sich gegenseitig, macht sich Mut, sucht gemeinsam Lösungen für Probleme und man weiß, dass man nicht alleine kämpft.
Vorbeugung – der beste Schutz vor Abhängigkeiten
Abhängigkeiten beginnen im Alltag Prävention auch. Mich hat das Buch: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo sehr erschüttert. Dort beschreibt ein Mädchen in welch tristen Wohnverhältnissen es aufwachsen musste, wie ihm eine Möglichkeit der sinnvollen Freizeitgestaltung nach der anderen genommen worden ist. In der Familie fand es keinen Halt. Die Freunde waren genauso schlimm dran. Es gab keine Erfolgserlebnisse, keine Befriedigung, keine wirkliche Liebe, keinen Lebensinhalt und kaum Freude.
Genau bei diesen Punkten müssen wir ansetzen.
Nehmen wir uns Zeit für unsere Kinder, unseren Partner? Gestalten wir unser Heim, unsere Umgebung wohnlich und angenehm? Bin ich zufrieden mit der Wahl meiner Schule, meiner Ausbildung, meines Berufes? Gehe ich einer aktiven, zufriedenstellenden Freizeitbeschäftigung nach? Betreibe ich sinnvollen Sport und Bewegung? Bin ich bei sozialen Einrichtungen engagiert? Mache ich bei Vereinen mit? Liebe ich? Werde ich geliebt?
Weiß ich woher ich komme, wozu ich lebe und wohin ich gehe? Die Beantwortung dieser W-Fragen ist lebenswichtig. Sie stellen einen großen Schutz vor Abhängigkeiten dar. Eine Abhängigkeit soll aber sogar sein, sie ist ganz wichtig: die Abhängigkeit von einem liebenden Gott. Wenn das Bild von Gott als einen liebenden Vater verschüttet worden ist, dann muss daran gearbeitet werden, es wieder zu finden. In einer angstfreien Atmosphäre des Angenommenseins von Gott und den Mitmenschen entsteht keine Abhängigkeit und kann ein Abhängiger wieder Vertrauen finden, Vertrauen zu sich selbst und zu seiner Umwelt.
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