Sie sind in aller Munde, buchstäblich und im übertragenen Sinn: die E-Nummern der Nahrungsmittel-Zusatzstoffe. Wir schlucken sie mit verarbeiteten und konservierten Lebensmitteln und wir diskutieren oft emotionsgeladen über sie. Wozu brauchen wir sie – oder besser wozu braucht sie die Lebensmittelindustrie? Wir als Verbraucher möchten wissen, ob der Einsatz dieser Stoffe notwendig ist und unserer Gesundheit zuträglich. Wir möchten wissen, was sich hinter den meist kleingedruckten Nummern versteckt.
Was sind Nahrungsmittel-Zusatzstoffe?
Sie werden den Nahrungsmitteln absichtlich beigegeben, um deren Beschaffenheit zu beeinflussen, bestimmte Eigenschaften und Wirkungen zu erzielen, zum Konservieren und Färben oder um bestimmte Geschmacksrichtungen zu geben. Es gibt genaue gesetzliche Regelungen was, wo und wie viel zugesetzt werden darf. Behördlich zugelassen werden sie nur dann, wenn sie mindestens drei Grundvoraussetzungen erfüllen: bei Technologischer Notwendigkeit, die Anwendung darf nicht zu Täuschungen führen und sie müssen gesundheitlich unbedenklich sein.
Aber was bedeutet eine technologische Notwendigkeit? Sie liegt dann vor, wenn die Zubereitung eines Nahrungsmittels ohne diesen Stoff nicht möglich wäre. Denken wir an die Herstellung eines Fruchtgelees. Dazu ist ein Geliermittel unbedingt notwendig. Aber die Zugabe eines Geliermittels zur Herstellung eines Joghurts ist nicht notwendig. Finden wir es trotzdem in einem Joghurt, dient es der Geschmacksrichtung, dem Mundgefühl.
Die Anwendung eines Zusatzstoffes darf nicht zu Täuschungen führen. Sie liegt dann vor, wenn ein Produkt etwa gelb eingefärbt werden würde um das Vorhandensein vieler Eier vorzutäuschen.
Unter gesundheitlicher Unbedenklichkeit versteht man, dass der Zusatzstoff bei verwendeter Konzentration langfristig keine Gefahr für die Gesundheit darstellt. Problematische Zusatzstoffe bekommen einen sogenannten ADI-Wert. Man versteht darunter den Acceptable Daily Intake. Das ist die tolerierbare Tagesdosis einer bestimmten Substanz, die ein Mensch lebenslang jeden Tag aufnehmen kann, ohne gesundheitlichen Schaden davonzutragen. Diese Menge wird in Milligramm je Kilogramm Körpergewicht angegeben.
Die Zusatzstoffe sind in große Gruppen eingeteilt – Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidantien, Stabilisatoren wie Verdickungs- und Geliermittel oder Emulgatoren, Zuckeraustauschstoffe, Süßstoffe, Trennmittel, Schaumverhüter … Jeder E-Nummer wird eine dreistellige Zahl zugeordnet, neuere Nummern haben auch vier Stellen.
Umfangreiche Prüfungen
Die Lebensmittelzusatzstoffe sind die bestuntersuchten Produkte. Es dauert Jahre, bis ein neuer Stoff zugelassen wird. Die Zulassungskriterien sind sehr streng. Als Beispiel sei Salz erwähnt. Glücklicherweise fällt es nicht unter die Zusatzstoffe. Es ist schon seit Jahrtausenden Bestandteil unserer Ernährung. Salz würde nach den heutigen Richtlinien bei der Prüfung durchfallen und nicht als Lebensmittelzusatzstoff angenommen werden. Zu viele negative Eigenschaften müssten dem Salz angelastet werden.
Zusatzstoffe im Spannungsfeld
Lebensmittelzusatzstoffe stehen immer im Spannungsfeld zwischen Nutzen für den Verbraucher und Notwendigkeit für den Hersteller. Der Konsument hat Angst vor Gesundheitsschäden. Er meint, viele Stoffe seien überflüssig. Werden Ernährungsrisiken aus Sicht des Konsumenten bewertet, so liegt folgende Rangordnung vor:
- Umweltchemikalien
- Lebensmittelzusatzstoffe
- Ernährungsverhalten
- krankmachende Mikroorganismen
- natürliche Gifte
Aus der Sicht der Wissenschaft sieht es aber so aus:
- Ernährungsverhalten
- krankmachende Mikroorganismen
- natürliche Gifte
- Umweltchemikalien
- und zuletzt die Lebensmittelzusatzstoffe.
Zum Problem werden Zusatzstoffe bei empfindlichen Menschen. Sie können allergische Reaktionen, Unverträglichkeiten oder allergieähnliche Reaktionen auslösen.
Allergien – Dedektive gesucht
Allergiker, aber auch viele gesundheitsbewusste Menschen wollen genau wissen, was hinter den E-Nummern steckt. Für Allergiker ist die Deklaration sogar lebensnotwendig. Für den Normalverbraucher sind die Zusätze größtenteils unbedenklich. Für Allergiker beginnt das große Suchspiel mit dem Studieren des Kleingedruckten auf der Zutatenliste. Leider müssen aber nicht alle Zusätze angeführt werden. Dann beginnt das Dedetktivspiel. Auch Patienten mit Stoffwechselstörungen haben es nicht immer leicht, die ihnen bekömmlichen Produkte zu finden. Sogar so ein einfacher Zusatz wie Milchzucker kann für viele Konsumenten zu Bauchschmerzen und Durchfällen führen wenn sie keinen Milchzucker vertragen.
Auch verschiedene Konservierungsmittel können bei Allergikern Beschwerden hervorrufen. Als Beispiel diene die Benzoesäure. Sie hat die Nummer 210. Sie wird Gemüse- und Obstkonserven, Marinaden, Mayonnaisen und Salaten beigesetzt. Allergisch auf diese Säure reagieren Menschen, die auch kein Aspirin vertragen. Sie vertragen dann aber auch keine Preiselbeeren. Diese Pflanze produziert von Natur aus selber Benzoesäure. In den Beeren ist viel davon eingelagert.
Positive Aspekte von Zusatzstoffen
Wer zu verarbeiteten Produkten greift, muss auch ja sagen zu den Zusatzstoffen. Die maschinelle Verarbeitung vieler Produkte ist ohne Zusatzstoffe gar nicht mehr möglich. Natürliche Rohstoffe haben schwankende Eigenschaften. Um sie maschinengängig zu machen, müssen sie der vollautomatischen Produktion angepasst werden. Die Verarbeitung muss ruck zuck gehen. Traditionelle Verfahren kosten zu viel. Produkte wie etwa Käse und Sauerteig haben keine Zeit mehr zum Reifen. Auch muss der Produzent immer gleichbleibende Qualität liefern. Er muss die Haltbarkeit garantieren, weiters Aroma und Geschmack erhalten. Das Aussehen soll bis zum letzten Löffel appetitlich bleiben. Solche Ansprüche können nur mit Hilfe von Zusatzstoffen erfüllt werden.
Dank der Zusatzstoffe sind aber auch die Lebensmittelvergiftungen zurückgegangen. Wie das? Überall, auch in der Luft, lauern Mikroorganismen, die darauf aus sind, Lebensmittel zu verderben. Wird ein Produkt geöffnet, wird es von ihnen überfallen. Nehmen wir ein geöffnetes Tomatenketchup. Das Kleinklima in der Flasche stellt für viele Verderberkeime ideale Lebensbedingungen dar. Ohne Konservierungsstoffe würden sie sich ungehindert vermehren. Und wie lange bleibt so eine Flasche im Schrank bis sie leer ist?
Falsche Listen
Es kursieren immer wieder Listen mit gefährlichen Lebensmittelzusatzstoffen. Dabei werden auf unseriöse Weise irgendwelche Krankenhäuser oder Forschungsstätten als Herausgeber hingestellt. In Österreich ist es das St. Anna Kinderspital in Wien. In anderen Ländern sind es andere bekannte Institutionen. Die genannten Institutionen haben aber nichts mit der Abfassung und Verbreitung solcher Listen zu tun. Wer hinter solchen Listen steckt, kann man nur vermuten. Es soll hier nicht darauf eingegangen werden. Der Konsument wird dadurch noch mehr verunsichert. Da werden beispielsweise so ungefährliche Stoffe wie Zitronensäure als krebserregend hingestellt. Vom Verbreiten solcher Listen sollte Abstand genommen werden.
Einziger Ausweg
Wer E-Nummern und damit die Zusatzstoffe meiden will, hat nur einen Ausweg: Hände weg von Fertigprodukten. Das heißt im Klartext: Aufstriche wieder selber herstellen, natürliche Rohstoffe verwenden, selber Brot backen, Pizza mit viel Phantasie selber herstellen, Marmeladen und Kompotte selber einkochen, Schleckereien in Eigenproduktion herstellen. Wer zu Fertigprodukten greift, greift auch zu E-Nummern, die ja heute in aller Munde sind.
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