Hast du schon einmal einem Dobermann gegenübergestanden und warst dir nicht sicher, ob er dich fressen möchte? Hast du gespürt, wie dein Herz klopft? Oder standst du schon einmal auf dem Weg zum Flughafen im Stau und merkst dass du den Flug verpasst? Höchstwahrscheinlich hast du die Auswirkungen von Stresshormonen in deinem Leben schon gespürt. Was sind diese Hormone, und was machen sie in unserem Leben?
Biologisch gesehen ist Stress eine gesunde und normale Reaktion auf jeden „Stressor“. Der Zweck von Stress ist es, unseren Körper auf eine Aktion angesichts einer physischen Bedrohung vorzubereiten. Dies wird die „Kampf- oder Flucht“-Reaktion genannt. Wie verhalten wir uns, wenn wir in unserem Wohnzimmer sitzen und ein Tiger durch die Tür kommt? Nun, das Gehirn und der Körper müssen auf Hochtouren arbeiten, um einen Fluchtweg zu finden oder sich auf einen Kampf vorzubereiten. Auf jeden Fall braucht man dafür etwas zusätzliche Energie. In diesem Moment setzt der Körper eine Reihe von Hormonen wie Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Cortisol frei. Diese Chemikalien wiederum veranlassen unseren Körper, unsere Routinefunktionen (wie z. B. unser Immunsystem und unser Verdauungssystem) herunterzufahren und das Blut zu unseren Gehirnen und Muskeln zu leiten. In der Zwischenzeit erhöhen die Neurotransmitter den Fokus, das Bewusstsein und bringen Gefühle von Angst und Gefahrenwahrnehmung hervor. Unsere Herzfrequenz erhöht sich ebenfalls und wir sind schließlich deutlich nervös und aufgedreht. Sogar unser Schmerzempfinden wird reduziert und unser Blut verdickt sich, um im Falle einer Verletzung die Gerinnung zu fördern. All dies ist an dem beteiligt, was wir als die „Kampf- oder Flucht“-Reaktion kennen.
Adrenalin und Noradrenalin sind die Hormone, die weitgehend für die unmittelbaren Reaktionen verantwortlich sind, die wir bei Stress empfinden. Stell dir vor, du versuchst, mit deinem Auto die Spur zu wechseln. Plötzlich kommt aus dem toten Winkel ein Auto mit hoher Geschwindigkeit angerast. Du kehrst auf deine ursprüngliche Fahrspur zurück und dein Herz klopft. Deine Muskeln sind angespannt, du atmest schneller und fängst vielleicht an zu schwitzen. Das ist Adrenalin.
Cortisol und chronischer Stress
Cortisol hingegen benötigt ein paar Minuten, um zu wirken, und hilft, ein gesundes Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, während man seine Stressaufgabe löst. Eine Hauptfunktion ist die Bereitstellung von Energie, indem es mehrere katabolische Reaktionen anregt, bei denen Eiweiß und Fett in Energie umgewandelt werden. Es steuert die Freisetzung oder Wirkung einer Reihe anderer Hormone und hilft auf diese Weise, den Flüssigkeitshaushalt und den Blutdruck aufrechtzuerhalten, während es manche Körperfunktionen reguliert, die im Moment nicht entscheidend sind, wie Fortpflanzungstrieb, Immunität, Verdauung und Wachstum. Einige Auswirkungen von Cortisol können sogar ein paar Tage andauern.
Die heutigen Stressoren sind normalerweise nicht der Tiger, der zur Tür hereinkommt, aber ein Streit mit einem Freund, oder Rechnungen, die bezahlt werden müssen, lösen immer noch dieselbe Stressreaktion aus. Alles, was unser Verstand als Bedrohung wahrnimmt, wird ein Stressfaktor sein, wie wütende Chefs, leere Bankkonten, verärgerte Partner, Fristen bei der Arbeit und öffentliche Reden.
Und hier kommt das Problem ins Spiel. Die Stressreaktion des Körpers ist für einen akuten körperlichen Stressor sehr angemessen, denn sie ermöglicht uns, schneller zu laufen, Gefahren zu erkennen und bei Bedarf zu kämpfen. Sobald die Gefahr verschwunden ist, versetzt uns unser parasympathisches Nervensystem wieder in den Ruhe- und Verdauungszustand und unser Körper erholt sich.
Wenn jedoch Ihr Stressor etwas chronisches und abstraktes ist, wie die Konflikte im eigenen Team oder die Schulden, die nicht einfach verschwinden, bedeutet dies, dass man sich ständig in einem wachsamen Zustand mit einem ständig erhöhten Cortisolspiegel befindet. Zu viel Cortisol kann das Immunsystem unterdrücken, den Blutdruck und den Zuckerspiegel erhöhen, die Libido verringern, Akne erzeugen, Lernschwierigkeiten, Gedächtnisverlust, Verlust von Muskelmasse, erhöhte Fettleibigkeit und vieles mehr verursachen.
Wenn wir einen Punkt anhaltenden chronischen Stresses erreichen, streiken die Drüsen, die all diese sekundären Hormone produzieren, was zu einem Zustand namens Glukokortikoidresistenz führt. Das bedeutet, dass Cortisol weiterhin erhöht ist, aber unsere Cortisolrezeptoren und Hormondrüsen überfordert und resistent gegenüber seinen Auswirkungen werden. Dadurch findet der Stressabbau nicht mehr statt.
Cortisol und Immunität
Ein Hauptproblem der Cortisolresistenz ist die Unterdrückung des Immunsystems. Eine bestimmte Forschungsstudie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde 1)Sheldon Cohen et.al. Chronic stress, glucocorticoid receptor resistance, inflammation, and disease risk. Proc Natl Acad Sci US A. 2012 Apr 17;109(16:5995-9., hatte zwei Ziele.
Das erste Ziel bestand darin, festzustellen, ob Stress eine Cortisolresistenz verursachen kann, während das zweite Ziel darin bestand, festzustellen, ob eine Cortisolresistenz das Risiko einer Infektion wie einer Erkältung erhöht.
An der Studie nahmen 276 gesunde Freiwillige teil, deren Stresslevel, BMI, Rasse, Alter, Geschlecht und Glukokortikoidresistenz zu Beginn der Studie gründlich untersucht wurden.
Die Freiwilligen wurden dem Rhinovirus (d. h. dem Virus, das Erkältungen verursacht) ausgesetzt, unter Quarantäne gestellt und fünf Tage lang beobachtet.
Am Ende der Studie fanden die Forscher heraus, dass jene Freiwilligen, die kürzlich einem Ereignis ausgesetzt waren, das zu chronischem Stress beiträgt, eine Glukokortikoidresistenz entwickelten, die wiederum auch ein erhöhtes Erkältungsrisiko mit sich brachte.
Eine weitere Studie wurde durchgeführt, die darauf abzielte, festzustellen, ob eine Cortisolresistenz erhöhte Entzündungswerte verursachen könnte. Diesmal waren 79 Freiwillige dem Virus ausgesetzt und wurden fünf Tage lang überwacht. Die Ergebnisse zeigten, dass diejenigen Freiwilligen, bei denen eine Glukokortikoidresistenz festgestellt wurde, mehr proinflammatorische Zytokine, die systemische Entzündungen fördern, aufwiesen. Chronischer Stress gefährdet definitiv unser Immunsystem.
Kontrolle des Cortisolspiegels
Wir sehen, dass die Senkung des Cortisolspiegels ein wichtiges Ziel bei der Stresskontrolle ist. Jetzt können wir einen zweigleisigen Ansatz verfolgen, um den Cortisolspiegel zu senken:
- Erstens – die Reduzierung des Stresses, der die Ursache des Problems ist, entweder durch Beseitigung der Stressoren oder durch Verbesserung der Fähigkeit, mit ihnen umzugehen. Eine reduzierte emotionale Reaktion auf Stressoren bedeutet eine reduzierte chemische Reaktion und eine geringere Cortisolfreisetzung.
- Zweitens gibt es bekannte Lebensstil- und Ernährungs-„Kniffs“, die Geist und Körper dabei unterstützen, die Freisetzung von Cortisol in das System zu reduzieren. Bewegung, Schlaf, eine leichtverdauliche Ernährung mit viel Vitamin C und Omega 3 sind einige der Faktoren, die helfen können, Cortisol zu reduzieren. Einige schlechte Angewohnheiten können jedoch die Cortisolproduktion erhöhen, wie der Konsum von Koffein, Alkohol oder zu viel Zucker.
Der Schlüssel ist zu lernen, wie man effektiv mit chronischem Stress umgeht, der für einen erhöhten Cortisolspiegel verantwortlich ist. Ein ganzheitlicher Ansatz, der alle möglichen Wege der Stresskontrolle umfaßt ist sicherlich hilfreich um bessere Ergebnisse zu erzielen.
Referenzen
↑1 | Sheldon Cohen et.al. Chronic stress, glucocorticoid receptor resistance, inflammation, and disease risk. Proc Natl Acad Sci US A. 2012 Apr 17;109(16:5995-9. |
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